Gespött

Die drei jungen Männer machten sie zum Gespött. Sie hielten den Inselbewohnern Münzen hin und wenn einer so dumm war, danach zu greifen, liessen sie sie fallen. Sie gaben ihnen Alkohol zu trinken und lachten sich tot, weil die Inselbewohner den Alkohol nicht vertrugen. Die Mädchen boten sich den Fremden an, lupften die Röcke und spreizten die Beine. Doch die Fremden johlten und gröhlten nur. Da - spätestens da - wurde Tristan klar, dass mit ihnen, die auf der Insel lebten, etwas nicht stimmte.

Die Erkenntnis

Herauszufinden, dass mit ihrem Blut etwas nicht in Ordnung ist, war nicht einfach gewesen. Es hat lange gedauert, bis Tristan klar wurde, dass der dümmliche Ausdruck auf den Gesichtern der Inselbewohner sich keiner kulturellen Eigenheit verdankte, sondern einem grundlegenderen Tatbestand. Tristan selbst ist nicht der hellste. Jetzt weiss er es. Aber dafür hat es den wohl eher zufälligen Besuch dreier junger Männer gebraucht, die mit ihrer Jacht in einer Bucht der Insel vor Anker gingen und sich danach auf eine demütigende Tour durch die Insel begaben.

Verwandtschaften

Wir brauchen frisches Blut, denkt Tristan, während sein Blick übers endlose Wasser schweift. Bis zum Horizont ist nur Meer, darüber Himmel, eine Wolke. Kein Segel, kein Schiff.
Wir brauchen frisches Blut, denkt er. Er selbst ist nicht der hellste, nicht besonders intelligent, doch wer ist das schon auf Sund Island, wo alle das Erbgut miteinander teilen. Mutter und Vater könnten ebenso gut seine zukünftigen Schwiegereltern sein, sie sind einander gleich, gleich vertrottelt, den gleichen dämlichen Blick im Gesicht, den sie auch an ihren Sohn und seine Schwestern vererbt haben.
Man muss nicht besonders intelligent sein, um zu wissen, dass das nicht gut gehen kann, nicht auf die Länge, nicht mehr lange.
Wir brauchen frisches Blut. Das denkt er andauernd. Und jetzt schon wieder.

Frauenwahl

Da steht er. Im Rücken die Insel, die Schwestern, Brüder, Kusins, Onkel, Tanten, das ganze Familienpack. Langsam kommt er ins heiratsfähige Alter und die Erwartungen, die an ihn gestellt werden, sind hoch. Bald steht das Liebesfest an, wenn alle noch ledigen Frauen (mit Ausnahme seiner Schwestern) an ihm vorbeidefilieren, ihm schöne Augen machen und dabei erröten werden. Über Generationen hinweg haben sich Wesen und Gesichter einander angeglichen. Wen er auserwählen wird, ist schlussendlich egal.
Da steht er. Vor sich das Meer.

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Zuletzt aktualisiert: 15. Aug, 09:13

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